Aitrach – ein guter Standort für Handwerk und Industrie
Ein wichtiger Standort für die Ansiedlung von Betrieben ist die Anbindung einer Gemeinde an das überörtliche Straßennetz. Was heute für Aitrach die Autobahn A 96 mit eigener Auffahrt ist, war früher die Furt durch die Iller oder etwas später – als wichtige Verbindung für die Postkutsche von Wien nach Paris – eine Brücke über die Iller. Am 2. November 1889 wurde die Eisenbahnlinie Memmingen-Leutkirch eröffnet. Dadurch erhielt Aitrach Anschluss an die Illertalbahn Kempten-Ulm und über Kißlegg Anschluss an die Strecken nach Lindau und Aulendorf. Um den Holzreichtum der Gegend ausnützen und wohl auch als Folge des Bahnanschlusses wurde 1900 in Aitrach-Marstetten mit dem Bau einer Papierfabrik begonnen. Bei diesem Unternehmen wurden damals zahlreiche Arbeitskräfte aus Italien eingesetzt, die später auch zum Kanalbau an der Aitrach und 1908 beim Bau der ersten Wasserversorgung gebraucht wurden. Mit 50 Beschäftigten zählte die Papierfabrik lange Zeit zu den größten Betrieben im Oberamt Leutkirch.
Ein Anfang zur Fortentwicklung industrieller Fertigung war gemacht. Ein anderer in Aitrach vorhandener Rohstoff, die großen Kies- und Sandvorkommen, führten bald zur Gründung von Fabrikationsanlagen, die heute noch vielen Aitrachern Arbeit bieten. Das Kies- und Betonwerk Marstetten, kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstanden, übernahm 1924 die Deutsche Reichsbahn. Wurde anfangs hauptsächlich Kies, Sand, Schotter und Splitt gewonnen und aufbereitet, so entwickelte sich im Laufe der Zeit die Herstellung von Betonfertigwaren zum Hauptproduktionszweig. Heute stellt die Firma Marbeton, die sich inzwischen in privaten Händen befindet, vor allem Trafo- und Mobilfunkstationen sowie WC-Anlagen für Autobahnparkplätze her.
Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden auch weitere Industriebetriebe, die den Rohstoff Kies verarbeiten: Das Sand- und Kieswerk Aitrach, das Transportbetonwerk Aitrach und das Betonfertigteilwerk Mauthe. Es gibt aber auch andere Wirtschaftszweige, die der nach dem Zweiten Weltkrieg der rasch wachsenden Bevölkerung zahlreiche Arbeitsplätze boten. Als größere Betriebe sind zu nennen: die Firma Klaus, die Autoparksysteme herstellt, die Firma Petersen-Allpa, die täglich bis zu 6 Mio. Briefumschläge produziert, das Sauerstoffwerk Friedrichshafen, das in Aitrach eine große Abfüll- und Verteileranlage betreibt, und die Verzinkerei Wiegel, die hier eine Sieben-Meter-Anlage betreibt.
Zusammen mit den verschiedensten Handwerksbetrieben und kleinen Einzelhandelsgeschäften kann die Gemeinde derzeit 750 Arbeitsplätze am Ort anbieten. Das ist eine verhältnismäßig hohe Zahl, wenn man die Einwohnerzahl von rund 2.600 Einwohner berücksichtigt und weiß, dass – nach den neuesten Zahlen der Arbeitsagentur – in der Gemeinde insgesamt 908 Sozialversicherungsbeschäftigte wohnen.
Das bedeutet, dass rein theoretisch nahezu 80 % der in Aitrach wohnenden Erwerbstätigen am Ort einen Arbeitsplatz finden könnten. In der Praxis pendeln jedoch rund 700 Aitracher in die umliegenden Städte und Gemeinden, vor allem nach Memmingen (360) und Leutkirch (132). Rund 500 auswärtige Erwerbspersonen fahren täglich nach Aitrach zur Arbeit. Die Gemeinde ist zuversichtlich, dass die Standortgunst an der A 96 weitere Betriebe zur Ansiedlung bewegt.
Der Fremdenverkehr hat in Aitrach nicht den Stellenwert, den er in den höher gelegenen Teilen des Allgäus besitzt. Aber ein Campingplatz und fünf Gasthäuser kümmern sich mit gutem Erfolg um auswärtige Gäste, die von den guten Wandermöglichkeiten in den ausgedehnten Waldungen und den Illerauen angetan sind.